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aus der Zeitung "Der Blitz" vom 29.06.2012:
Das Ende einer Ära
Mit dem Obus Nummer 011 verabschiedet sich der letzte von insgesamt 15 alten Obussen aus dem Stadtbild
Seit Montag gehört nun auch der letzte Obus der Marke MAN NGE der Eberswalder Geschichte an. Die Flotte mit den grün-weißen Niederflurobussen zog seit 1993 ihre Bahnen durch die Waldstadt. Der Obus Nummer 011, der letzte dieser Flotte, verabschiedete sich mit zwei Ehrenfahrten.
„Fünf Stück sind 1993, zehn Stück sind 1994 gekommen. Sie haben also sehr lange das Eberswalder Stadtbild geprägt. Sie haben bis zu 900.000 Kilometer in dieser Stadt zurück gelegt. Klar hängt man auch ein bisschen an dem Typ. Wir werden auch immer wieder gefragt, warum wir keinen als Oldtimer aufheben. Man müsste ihn aber sehr lange stehen lassen, damit er auch als Oldtimer akzeptiert würde und das ist wirtschaftlich dann nicht zu vertreten”, so der Geschäftsführer der Barnimer Busgesellschaft Frank Wruck.
Start der kostenfreien Tour war in Nordend. Von hier aus ging es weiter in Richtung Kleiner Stern und wieder zurück. Immer mehr Gäste stiegen auf der Runde ein. Insgesamt 30 Interessierte nutzten die vorletzte Ehrenrunde. Einer von ihnen war Uwe
Rückardt aus Mühlentroff in Sachsen, der mit seiner Familie in Eberswalde zu Besuch ist. „Wir machen hier Urlaub und haben erfahren, dass heute die letzte Fahrt ist. Da wir schon früher einmal mitgefahren sind, haben wir das gleich genutzt”, erklärte der Sachse. Aber auch langjährige Obus-Nutzer wie Martin Keimmeck wollten die Möglichkeit nutzen, um „Good Bye” zu sagen: „Der Obus gehört zu Eberswalde. Es ist wichtig, dass er als Verkehrsmittel auch bleibt. Ich habe in der Zeitung von der letzten Runde gelesen, deswegen bin ich hier und fahre noch ein mal mit.”
Nicht jeder, der in den Bus einstieg, wusste von der besonderen Aktion der BBG. Die Eberswalderin Monika Treuter entschied sich spontan die komplette Runde mitzufahren. „Ich wollte eigentlich nach Ostend fahren und lese an der Anzeige, dass dieser Bus heute seine letzte Ehrenrunde fährt und da muss ich doch erst eine Ehrenrunde mitfahren.” Monika Treuter nutzte wie viele andere Fahrgäste die Möglichkeit, und schrieb einen letzten Gruß auf eine Karte.
Neben den langjährigen Nutzern und Obusliebhabern hängen natürlich auch die Fahrer selbst an ihren Obussen. Andreas Zietemann hatte die Ehre, die letzten beiden Runden zu leiten. Er ist seit 28 Jahren Obusfahrer in Eberswalde. „19 Jahre haben sie uns treu gedient. Sie haben alles mitgemacht und mächtig Leistung gebracht. Das ist ein Stück Eberswalder Geschichte die jetzt vorbei ist”, so Andreas Zietemann. „Ein bisschen wehmütig ist man doch. Ich habe viele Kilometer mit ihnen gedreht. Das müssen die Neuen erst ein mal leisten.”
Seit vergangenem Jahr wurden die „Alten” Stück für Stück gegen die neue Generation von Solaris ausgetauscht. Das Ende in Eberswalde bedeutet für die Obusse aber auch ein Neuanfang, denn die gesamte Flotte wurde an die Budapester Verkehrsbetriebe verkauft. „Die werden sie dann auseinander nehmen und wieder richtig aufbauen und dann sollen sie dort in Budapest noch ein paar Jahre fahren”, erklärte Frank Wruck den zukünftigen Weg der alten Flotte.
Bis zum Ende der vorletzten Tour blieb der Bus gut gefüllt. Dann schallte Andreas Zietemanns Stimme aus den Buslautsprechern. „Bitte aussteigen, die vorletzte Runde ist beendet.” Anschließend ging der Obus Nummer 011 ein letztes Mal auf den 18,6 Kilometer langen Rundkurs durch Eberswalde.