Sie sind hier: Übersicht > 4.2. Zeitraum von Mai 1945 - 1965 > Sichtkartensystem

Sichtkartensystem



Ende 1962 mussten die Nahverkehrsbetriebe der DDR, so auch die Eberswalder Verkehrsbetriebe, die Inanspruchnahme von Verluststützungen (Subventionen) senken. Zur Senkung der Betriebskosten führten die Eberswalder Verkehrsbetriebe den schaffnerlosen Verkehr auf den Obus-Linien ein. In diesem Zusammenhang erfolgte eine Umstellung auf das Sicht- und Zeitkartensystem. Erstmals wurden Monatsfahrkarten eingeführt.

Der Triebwagen des Obus-Zuges fuhr ohne Schaffnerin. Der Obus-Fahrer übernahm nun zusätzlich die Aufgaben der Schaffnerin. Im Anhänger fuhr weiterhin eine Schaffnerin mit und verkaufte Einzelfahrscheine.

Um den Obus-Fahrer zu entlasten und seine Aufgaben nach Möglichkeit nur auf eine Kontrolltätigkeit zu beschränken, wurde das umständliche Lochen (Entwerten) der Fahrscheine abgeschafft. Weiterhin wurde das Inkassogeschäft, d.h. der Verkauf von Fahrscheinen, ausserhalb des Obusses verlagert. Dazu wurden Vorverkaufsstellen eingerichtet, in denen das gesamte Fahrkartensortiment erhältlich war.

Die berufstätigen Fahrgäste konnten auf Antrag auf den Linien  Ostend-Westend  und  Nordend-Westend  eine Monatskarte zum Preise von 6,- DM erwerben. Für den erstmaligen Erwerb der Monatskarte war ein Passfoto und die Ausstellung einer Monatsstammkarte (Vorläufer unserer heutigen Kundenkarte) notwendig. Die Ausstellung der Monatsstammkarte mit Passfoto erfolgte auf Antrag durch den VEB Verkehrsbetriebe Eberswalde, Bergerstr. 46 in Verbindung mit den jeweiligen Großbetrieben, in denen die Antragssteller tätig waren. Die Monatsstammkarte war mehrere Jahre gültig und wurde monatlich mit einer neuen Wertmarke (Einsteckmarke) versehen.

Innerhalb der Stadt, in der beide Obus-Linien parallel laufen, konnte man mit der Ostender Monatskarte auch den Nordender Obus benutzen. Ab Platz der Freundschaft, an dem sich beide Obus-Linien teilen, konnte man mit der jeweils gültigen Monatskarte entweder nur nach Ost- oder Nordend fahren.

Alle übrigen Fahrgäste konnten eine Monatsnetzkarte für 10,- DM erwerben. Diese Netzkarte berechtigte auch zum Umsteigen von Nordend nach Ostend oder umgekehrt.

Weiter gelangten Abriß-Sammelkarten zum Preise von 1,- DM für 8 Fahrten zum Verkauf. Diese waren unbefristet, d.h. sie blieben gültig bis alle Fahrten abgefahren waren.

Für Schwerbeschädigte blieb die Fünf-Fahrtenkarte zum Preise von 0,50 DM bestehen. Diese wurde nun aber nicht mehr gelocht, sondern als Abrißkarte verwendet.

Einzelfahrscheine zum Normaltarif von 0,15 DM sowie Einzelfahrscheine für Schwerbeschädigte zum ermäßigten Preis von 0,10 DM wurden weiterhin von der Schaffnerin im Anhänger verkauft.

Die Obusse wurden weitestgehend mit Anhängern eingesetzt. Wurden Obusse ohne Anhänger eingesetzt, fuhr die Schaffnerin während einer Übergangsperiode im Triebwagen mit und verkaufte Einzelfahrscheine neben dem Fahrer. Später war nach Anlieferung und Einbau die Verwendung einer Zahlbox vorgesehen, in die das abgezählte Fahrgeld zukünftig geworfen wurde.

Gewöhnungsbedürftig war auch die Abfertigung von Fahrgästen mit Kinderwagen und Gepäck.

Fuhr der Obus mit Anhänger, fertigte die Schaffnerin vom Anhänger aus die Fahrgäste mit Kinderwagen und Gepäck ab. Der Ein- und Ausstieg dieser Fahrgäste erfolgte durch die hintere Tür des Triebwagens. Fuhr der Obus ohne Anhänger, bezahlte der Fahrgast vorn beim Fahrer oder der eventuell mitfahrenden Schaffnerin und stieg mit dem Kinderwagen und Gepäck durch die hintere Tür ein und aus.

Berufstätigen Müttern, die täglich einen Kinderwagen mitführten, wurde auf Antrag auch für den Kinderwagen eine Monatskarte zum Preise von 6,- DM bzw. 10,- DM gewährt.

Schüler erhielten wöchentlich 12 Fahrten für 1,20 DM. Der Verkauf der Schülerkarten erfolgte in den Schulen.

Das Sichtkartensystem wurde wurde am 01. November 1962 eingeführt.

Noch vorhandene Zehnerkarten wurden weiterhin gelocht und konnten aufgebraucht werden.